Die Öffentlichkeit

Die Frage nach der Eigentümerschaft der öffentlich-rechtlichen Medien ist in Deutschland, wie auch in vielen anderen Ländern, nicht eindeutig zu beantworten. Formal haben sie keinen Eigentümer, wie eine Polizeistation, ein Gericht, ein Parlament oder ein Ministerium. Sie existieren als sogenannte Anstalten des öffentlichen Rechts quasi aus sich selbst heraus. Ideell, so behaupten es sowohl die Sender selbst als auch die Vertreter der Medienpolitik und Aufsichtsgremien, gehören sie jedoch der Allgemeinheit oder Öffentlichkeit. Damit wären die Bürger Deutschlands nicht nur Nutzer und Beitragszahlende, sondern könnten auch als berechtigte Eigentümer von ARD, ZDF und Deutschlandradio gelten.
In der Praxis werden diese Eigentumsrechte allerdings von institutionellen Gremien ausgeübt und durch die Medienpolitik dominiert. Eine direkte Mitbestimmung oder Teilhabe ist im System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks derzeit nicht vorgesehen, das seinen Ursprung im Nachkriegsdeutschland des 20. Jahrhunderts hat.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in der Bundesrepublik Deutschland ein Rundfunksystem von den westdeutschen Alliierten nach dem Vorbild der BBC in Großbritannien errichtet. Durch das föderale System mit autonom agierenden Rundfunkanstalten sollte eine Gleichschaltung wie zuvor unter den Nationalsozialisten zukünftig verhindert werden. Der öffentlich-rechtliche Charakter sollte zudem eine freie und umfassende Berichterstattung sicherstellen und verhindern, dass der Rundfunk von Werbeeinnahmen abhängig ist. Erst 1984 wurde durch das sogenannte dritte Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts die Möglichkeit für privatwirtschaftlichen Rundfunk eröffnet. Seitdem hat Deutschland ein duales Rundfunksystem, in dem öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunk parallel existieren.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland wird von den Bürgern durch den sogenannten Rundfunkbeitrag finanziert. Derzeit beträgt der Beitrag 18.36 Euro pro Monat. Die Höhe des Beitrags sowie seine regelmäßige Anpassung werden von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ermittelt und überwacht. Einer Erhöhung müssen alle einzelnen Landesparlamente zustimmen.
Insgesamt besteht der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland aus den neun Landesrundfunkanstalten: Bayerischer Rundfunk, Hessischer Rundfunk, Mitteldeutscher Rundfunk, Norddeutscher Rundfunk, Radio Bremen, Rundfunk Berlin-Brandenburg, Saarländischer Rundfunk, Südwestrundfunk, Westdeutscher Rundfunk, dazu das Deutschlandradio und das ZDF. Die Deutsche Welle ist die einzige öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt nach Bundesrecht, die nicht durch den Rundfunkbeitrag, sondern aus Steuermitteln des Bundes finanziert wird. Die Deutsche Welle nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als dass sich ihr Programm ausdrücklich an das Ausland richtet. Ihre Aufgabe besteht darin, das internationale Publikum über Deutschland zu informieren.
Die Landesrundfunkanstalten sind in der ARD organisiert und stellen für diese auch ein Gemeinschaftsprogramm bereit. Darüber hinaus existieren mit den Sendern 3Sat und Arte internationale Kooperationen mit der Schweiz, Österreich und Frankreich.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen Grundversorgungsauftrag. Gemäß dem Medienstaatsvertrag soll er “die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft (...) erfüllen”. Seine Aufgabe ist es, Bürger sowohl mit Information, als auch mit Unterhaltung, Kultur, Beratung und Bildung zu versorgen. Dies soll nicht nur die politische Meinungsbildung und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen, sondern auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die europäische Integration fördern (§26 MStV). Mittlerweile umfasst der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht mehr nur Fernsehen und Radio (Rundfunk im klassischen Sinne), sondern auch Onlineangebote, Social-Media-Accounts, Mediatheken und Apps.
Da der öffentlich-rechtliche Rundfunk von der Gesellschaft finanziert wird, soll die Öffentlichkeit im Gegenzug Kontroll- und Gestaltungsmitsprache haben. Dies wird durch die Zusammensetzung der Kontrollgremien der Rundfunkanstalten, beispielsweise den Rundfunkräten, sichergestellt. Per Landesgesetz stehen einem breiten Spektrum an gesellschaftlichen Gruppen wie Berufsverbänden, Gewerkschaften, Minderheitenvertretungen, Kirchen und anderen Interessengruppen Sitze in diesen Gremien zu, durch die sie auf die Gestaltung der Rundfunkanstalten Einfluss nehmen können.
Die Höhe des Rundfunkbeitrags und der Umfang des öffentlich-rechtlichen Angebots ist regelmäßig Gegenstand von Diskussionen und Gerichtsverfahren. Zum einen sehen private Medienunternehmen ihr Recht auf fairen Wettbewerb durch das wachsende Angebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verletzt, zum anderen werfen Kritiker den Sendeanstalten eine zu große Staatsnähe vor, beispielsweise durch Politiker in ihren Aufsichtsgremien, bis hin zu einer politischen Abhängigkeit. Auch die hohen Ausgaben für Gehälter und Pensionen auf der Managementebene der Anstalten werden regelmäßig scharf kritisiert.
Wie in den Landesgesetzen und dem Medienstaatsvertrag festgehalten, dürfen sich öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten an Unternehmen beteiligen, solange ”dies im sachlichen Zusammenhang mit ihren gesetzlichen Aufgaben steht” (§41 MStV). Sie dürfen zudem in begrenztem Umfang selbst kommerzielle Tätigkeiten über Tochterunternehmen anbieten (§40 MStV). Dazu gehören beispielsweise Werbeunternehmen wie die NDR Media GmbH oder die WDR mediagroup, Produktionsfirmen oder Dienstleistungsunternehmen im Bereich Rundfunk-Infrastruktur und Technik. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind an einer Vielzahl an Unternehmen beteiligt, von denen einige hundertprozentige Töchter der einzelnen Rundfunkanstalten sind, andere hingegen der gemeinsamen Arbeit dienen. So sind beispielsweise alle ARD-Rundfunkanstalten gleichermaßen (jeweils 5.6%, das ZDF hält 50%) an der SportA GmbH beteiligt, die Übertragungsrechte für Sportveranstaltungen erwirbt. Die Beteiligungen der einzelnen Rundfunkanstalten, die jeweils autonom agieren, sind in den Profilen der Anstalten einsehbar.
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